Sustainable Fashion Matterz

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Jana Keller // Founder of Green Showroom // Founder and designer of Royal Blush.

© Cherie Birkner Berlin 2017

THIS INTERVIEW IS IN GERMAN

 

Interviewed by Christina Noli for Places Magazin

 

PLACES:

Herzliche Gratulation zum 10. Geburtstag von Royal Blush! Was ist das Beste daran, ein eigenes Modelabel zu haben?

Jana Keller:

Ich liebe die Freiheit, genau das zu tun, was ich mag, und mein eigenes Ding zu machen – also nach meinen Werten und Vorstellungen zu leben. Das ist sehr bereichernd!

 

War es manchmal auch schwierig?

Klar, als kleines Label hat man immer wieder zu kämpfen. Man braucht viel Durchhaltewillen und muss sich stets auf sich selbst besinnen. Es ist wichtig, sich treu zu bleiben und sich nicht von Dingen ablenken zu lassen, die man auch noch machen könnte. Ausserdem muss man sich mit kleinen Stückzahlen bei den Lieferanten oft ganz schön durchsetzen.

Aber es lohnt sich!

 

Was sind rückblickend die Höhepunkte der letzten zehn Jahre?

Das Beste ist, zu sehen, wie sich das Bewusstsein für Nachhaltigkeit in den letzten zehn Jahren entwickelt hat. Es hat nach wie vor viel Luft nach oben, aber es ist zum Glück einiges passiert. Als ich mit den pflanzlich gegerbten Ledertaschen anfing, war ich noch eine der wenigen. Mittlerweile umfasst mein Sortiment, das ich rund um den Globus verkaufe, Gürtel, Taschen, Schmuck, Espadrilles, Sonnenvisoren und neu ab September die erste Kleiderkollektion. Es ist toll, wenn man sich weiterentwickeln kann und nicht stehen bleibt.

 

Wie ist Royal Blush entstanden?

Das ist eine lustige Geschichte. Als Jahrgangsauszeichnung für meine Diplomkollektion habe ich damals einen Stand an der Modemesse Bread & Butter in Berlin bekommen. Aus Angst, diesen nur mit Kleidern nicht füllen zu können, habe ich zusätzlich Taschen aus vegetabil gegerbtem Leder genäht. Das machte mir Spass, und die Taschen bekamen gutes Feedback. So habe ich weitergemacht. Als ich dann kurz darauf ein Brautkleid aus herkömmlich gegerbtem Leder genäht habe und mir ständig die Augen brannten, entschied ich, den Weg definitiv mit nachhaltigen Lederaccessoires zu gehen. Bei herkömmlich gegerbtem Leder gibt es nämlich zwei Probleme: Einerseits ist das Gerben mit verschiedenen Metallen für Mensch und Umwelt sehr schädlich, andererseits bleibt viel davon auf dem Leder zurück, das durch die Haut aufgenommen wird und vom Körper nicht mehr ausgeschieden werden kann. So kumulieren sich im Körper Metalle und Chemikalien über Jahre hinweg, die dann zu Allergien führen können. Man tut also nicht nur der Umwelt, sondern auch sich selbst etwas Gutes, wenn man pflanzlich gegerbtes Leder trägt.

 

Wo wird denn dein Leder gegerbt?

In einer zertifizierten Gerberei in Italien. Genau wie mein in Deutschland gegerbter Biolachs, der eine schöne Alternative zu exotischen Lederarten ist, sind meine verwendeten Tierhäute Abfälle aus der Lebensmittelindustrie. Ausserdem verwende ich faires Gold und Messing für die Verschlüsse an meinem Schmuck. Und in der ersten Blusen Kollektion habe ich wunderschöne Ahimsa-Seide aus Indien verarbeitet. Das Tolle an dieser Seidenzucht ist, dass sich die Raupen bei der Gewinnung bereits verpuppt haben, aus dem Kokon ausgeflogen sind, und somit nicht getötet werden.

 

Wieso hast du dich so sehr der Nachhaltigkeit verschrieben?

Es ist einfach meine Philosophie. Außerdem hoffe ich, dass ich mit meiner Mode der Welt etwas zurückgeben kann. Dabei ist mir das Design ebenfalls sehr wichtig, denn wenn ich bei der Ästhetik Kompromisse machen müsste, hätte ich wahrscheinlich schon lange aufgehört. Oft ist es einfach etwas komplizierter, bis ich die passenden Produzenten und Lieferanten gefunden habe.

 

Du hast gesagt, dass vor 10 Jahren niemand den Begriff «nachhaltig» kannte. Wie siehst du denn die Entwicklung auf diesem Gebiet?

Der Ansatz ist gut, und mittlerweile sind ja die alten Vorurteile im Bezug auf langweilige Ökomode überwunden. Allerdings gäbe es, abgesehen von der viel benutzten Biobaumwolle, Materialien wie Leinen oder Hanf, die sich auch sehr gut verarbeiten lassen und längst nicht so viel Wasser oder Dünger brauchen wie Baumwolle.

 

Wo und wie findest du neue Ideen?

Einerseits auf Reisen und an Messen in den Mode-metropolen. Da bekomme ich Feedback auf meine Kreationen und treffe viele Menschen, was mir neue Energie gibt. Andererseits inspiriert mich die Natur, wo ich voll zur Ruhe kommen kann und meinen Ausgleich finde.

 

Du hast mit deiner Freundin Magdalena Schaffrin den mittlerweile etablierten Greenshowroom in Berlin gegründet. Wie kam es zu dieser Messe für nachhaltige Mode?

Ich war damals ausschliesslich auf High-End-Modemessen unterwegs, bis ich gemerkt habe, dass da damals noch gar kein Bewusstsein für meine Arbeit vorhanden war. Als ich Magdalena traf, die ähnlich arbeitet wie ich, beschlossen wir kurzerhand, ein neuartiges B2B-Messekonzept zu schaffen. 2009 haben wir mit sechzehn Ausstellern begonnen und 2011 alles an die Messe Frankfurt verkauft. 2013 habe ich mich rausgezogen, weil die Leitung und Organisation beider Firmen einfach zu viel wurde und ich wusste, dass der Greenshowroom in guten Händen war. Heute zeigen zweimal jährlich über 160 Aussteller ihre Kollektionen. Es ist toll zu sehen, wie sich das Event entwickelt hat!

 

Wie siehst du die Schweizer Designszene?

Erstaunlicherweise gibt es unter den Schweizer Mode- und Accessoirelabels noch fast keine nachhaltigen Brands. Es gibt viele, die in der Schweiz produzieren, das ist ein guter Entscheid, macht für mich eine Marke aber noch nicht nachhaltig. Oft wird wegen geringer Stückzahl in der Schweiz produziert, und sobald diese wächst, wird die Produktion ins Ausland verlegt. Für mich kam es trotz lukrativer Angebote nicht infrage, wegen des Preises im Ausland zu produzieren, ausser, man würde vor Ort ein faires Projekt unterstützen. Insgesamt lässt sich wohl sagen, dass im Vergleich zum Food-Bereich noch viel Nachholbedarf besteht. Der Fokus müsste in der Modeindustrie noch mehr auf die Materialwahl sowie die gesamte Produktionskette gelegt werden, wo nach wie vor viel zu viel Chemie eingesetzt wird.

 

Und wo führt dein Weg in den nächsten zehn Jahren hin?

Als erstes konzentriere ich mich wie gesagt auf meine Kleiderkollektion, da werden nach und nach mehr Teile dazukommen. Und ich träume schon lange von meinem eigenen grossen Concept-Store. Da gäbe es neben meinen Kreationen auch Platz für andere Labels mit ähnlicher Philosophie. Das Konzept für dieses Royal-Blush-Universum steht, ich bin aber noch auf der Suche nach einem Investor.

 

 

HIER das Video von ihrer Crowdfunding Kampagne.